In Österreich zu arbeiten, ist kein schlechtes Geschäft – solange man nicht zu genau auf die Gehaltsabrechnung schaut. Denn im europäischen Vergleich bleibt den Menschen hierzulande deutlich weniger Netto vom Brutto. Laut aktuellen Analysen zählt Österreich zu den Ländern mit der höchsten Steuer- und Abgabenquote innerhalb der OECD-Staaten. Aber was bedeutet das konkret für Arbeitnehmer?
OECD-Vergleich: Österreich unter den teuersten Ländern für Erwerbstätige
Laut einer Analyse des Thinktanks Agenda Austria lag die Steuer- und Abgabenquote für alleinstehende Arbeitnehmer im Jahr 2024 bei stolzen 47 Prozent. Das bedeutet: Fast die Hälfte des Einkommens geht an den Staat – für Steuern und Sozialversicherungen. Nur in Ländern wie Belgien, Deutschland oder Frankreich ist die Belastung noch höher.
Besonders auffällig ist der Unterschied zu Ländern wie Irland: Dort würde ein österreichischer Durchschnittsverdiener laut der Studie monatlich rund 773 Euro mehr Netto erhalten. In Spanien wären es immerhin 418 Euro mehr, in Polen 471 Euro und selbst in Griechenland – trotz Wirtschaftskrise – bleiben über 500 Euro mehr im Monat übrig.
Nachbarländer schneiden besser ab
Auch ein Vergleich mit den direkten Nachbarstaaten zeigt: Österreichs Arbeitnehmer sind im Nachteil. Wer sein Gehalt etwa in Slowenien oder der Slowakei verdient, hat am Monatsende zwischen 156 und 162 Euro mehr im Börserl – bei identischem Bruttoeinkommen.
Diese Zahlen werfen Fragen auf: Ist Arbeit in Österreich zu wenig wert? Und wie gerecht ist unser Steuersystem wirklich?
Mehr arbeiten = mehr verdienen? Nicht in Österreich
Ein weiteres Problem: Wer mehr arbeitet, profitiert finanziell oft nur unterdurchschnittlich. Laut einer Analyse der Tageszeitung Heute erhält jemand, der seine Wochenarbeitszeit von 20 auf 30 Stunden erhöht – also um 50 Prozent –, nur etwa 34,7 Prozent mehr Netto-Gehalt. Bei einer Verdoppelung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden steigt das Einkommen netto um lediglich 68,8 Prozent.
Zum Vergleich: In Ungarn bekommen Beschäftigte bei 50 Prozent mehr Arbeit auch 50 Prozent mehr Netto ausbezahlt. Das macht die Vollzeitbeschäftigung in Österreich zunehmend unattraktiv – ein Punkt, den auch Agenda Austria kritisch hervorhebt.
Was steckt hinter der hohen Belastung?
Die Gründe für die hohe Abgabenquote in Österreich sind vielfältig: ein umfangreiches Sozialsystem, hohe Lohnnebenkosten sowie zahlreiche staatliche Transferleistungen. Während diese Systeme wichtige soziale Funktionen erfüllen, geraten sie zunehmend unter Druck – nicht zuletzt durch demografische Veränderungen und steigende Staatsausgaben.
Fazit: Österreich muss beim Arbeiten fairer werden
Die Fakten sind eindeutig: Im internationalen Vergleich bleibt Österreichs Bevölkerung trotz harter Arbeit auf der Strecke – zumindest finanziell. Während Nachbarländer und andere OECD-Staaten spürbar entlasten, sorgt das heimische System für sinkende Arbeitsanreize und Frust bei den Erwerbstätigen.
Ein modernes, leistungsfreundliches Steuersystem – das fordern inzwischen nicht nur Ökonomen, sondern auch viele Arbeitnehmer selbst. Denn wer arbeitet, soll am Ende des Monats auch spüren, dass sich Leistung lohnt.