Österreich-Preisaufschlag: Wie Konzerne Österreich zur Kasse bitten

Österreich zahlt drauf: Wie territoriale Lieferbeschränkungen Markenartikel künstlich verteuern. Warum ein EU-weites Verbot endlich faire Preise bringen könnte.

Ob Lebensmittel, Kosmetik oder Haushaltswaren – viele Österreicher haben es längst bemerkt: Im Supermarkt zahlen wir häufig mehr als unsere Nachbarn in Deutschland. Doch das ist kein Zufall, sondern Ergebnis gezielter Preispolitik großer Konzerne. Das Stichwort lautet „Österreich-Preisaufschlag“ – und der sorgt dafür, dass heimische Konsumenten bei Markenartikeln oft bis zu 60 Prozent mehr bezahlen müssen.

Künstlich verteuerte Preise: Der Hintergrund des Preisaufschlags

Wie aktuelle Analysen des Handelsverbands Österreich (HV) und der Gewerkschaft GPA zeigen, stecken hinter den höheren Preisen sogenannte territoriale Lieferbeschränkungen – im Fachjargon „Territorial Supply Constraints“ (TSC) genannt. Große Konzerne legen dabei fest, wo Händler ihre Produkte einkaufen dürfen. Und genau das treibt die Einkaufspreise für den österreichischen Handel massiv in die Höhe.

Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, bringt ein treffendes Beispiel:
Ein österreichischer Händler möchte einen Haarspray eines multinationalen Konzerns einkaufen. Während ein deutscher Händler für dasselbe Produkt gerade einmal 2 Euro zahlt, kostet der Haarspray in Österreich 3,20 Euro – ein Preisunterschied von satten 60 Prozent. Der Grund: heimische Händler müssen über die nationale Vertriebsgesellschaft einkaufen und dürfen sich nicht dort bedienen, wo es günstiger wäre. Die Folge: auch für Konsumenten wird der Gang zum Supermarkt teurer.

Ein EU-Problem: Warum kleine Länder stärker betroffen sind

Dieses Preisgefälle betrifft nicht nur Österreich. Auch kleinere EU-Länder wie Dänemark, Luxemburg oder Belgien sehen sich mit ähnlichen Preisnachteilen konfrontiert. Laut einer Analyse der Bundeswettbewerbsbehörde beträgt der „Österreich-Aufschlag“ bei Markenartikeln im Schnitt 15 bis 20 Prozent, verglichen mit Deutschland.

Das Problem: Mehr als 90 Prozent der Beschaffung im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel erfolgt innerhalb des Binnenmarktes, allerdings entlang nationaler Grenzen. Der freie Warenaustausch innerhalb der EU wird durch diese Praxis gezielt ausgehebelt – ein klarer Wettbewerbsnachteil für kleinere Märkte.

Milliardenpotenzial für Konsumenten – doch Brüssel zögert

Die EU-Kommission hat das Thema zwar auf dem Schirm, bleibt aber zögerlich. Laut Handelsverband und GPA könnten europäische Konsumenten jährlich bis zu 14 Milliarden Euro sparen, wenn diese Lieferbeschränkungen fallen. Ein prominentes Beispiel ist der Lebensmittelriese Mondelez, der 2024 wegen solcher Praktiken zu 334 Millionen Euro Strafe verdonnert wurde. Doch bisher gibt es kein generelles Verbot.

Eine geleakte Version der neuen EU-Binnenmarktstrategie hatte Hoffnung gemacht: Ein vollständiges Verbot bis 2026 wurde angekündigt. Doch in der finalen Fassung blieb davon wenig übrig – der Entwurf wurde abgeschwächt. Die EU-Kommission will nur „Instrumente zur Bekämpfung ungerechtfertigter territorialer Lieferbeschränkungen“ prüfen. Für HV und GPA viel zu wenig.

Preisschraube stoppen – für fairen Wettbewerb in Europa

Barbara Teiber von der GPA fordert eine klare Linie: „Viele multinationale Hersteller wollen um jeden Preis an ihren länderspezifischen Preisstrategien festhalten – auf Kosten der Konsument:innen. Denn ihre Gewinnmaximierung bedeutet für uns alle höhere Preise im Regal. Es ist höchste Zeit, diese Diskriminierung zu verbieten. Das wäre ein wesentlicher Beitrag zur Senkung der hohen Inflation.“ Auch der Handelsverband drängt auf klare gesetzliche Maßnahmen, die allen EU-Händlern faire Einkaufsbedingungen ermöglichen.

Gerade in Zeiten hoher Inflation – Österreich lag zuletzt wieder über dem EU-Durchschnitt – könnten niedrigere Einkaufspreise auch endlich für Entlastung der Verbraucher sorgen. Ohne Lieferbeschränkungen würden Konsumenten spürbar profitieren.

Fazit: Österreich zahlt drauf – das muss sich ändern

Der Österreich-Preisaufschlag zeigt eindrucksvoll, wie geschickt multinationale Konzerne ihre Preispolitik auf Kosten der Konsumenten durchsetzen. Mit einem EU-weiten Verbot territorialer Lieferbeschränkungen könnten diese unfairen Praktiken beendet werden. Millionen Menschen in Europa könnten spürbar entlastet werden – und auch heimische Händler würden endlich fair einkaufen können.

Es bleibt zu hoffen, dass aus politischen Lippenbekenntnissen bald konkrete Gesetze werden. Denn faire Preise dürfen kein Standortnachteil sein.

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Caroline Lechner
Journalist, Redakteur und Herausgeber. E-Mail: [email protected]