Österreichs Obst- und Gemüsebauern schlagen Alarm: Eigenversorgung in Gefahr

Steigende Kosten, schrumpfende Flächen: Landwirtschaft in Not.

Hohe Lohnnebenkosten und zunehmender Wettbewerbsdruck setzen Österreichs Obst- und Gemüsebauern massiv unter Druck. Warum die Eigenversorgung in Gefahr ist und welche Lösungen jetzt gefordert werden.

Frisches Obst und Gemüse aus Österreich – für viele Konsumenten ein Symbol für Qualität, Nachhaltigkeit und kurze Transportwege. Doch genau diese Eigenversorgung steht zunehmend unter Druck. Grund dafür sind die im europäischen Vergleich hohen Lohn- und Lohnnebenkosten, die heimische Bauern im Wettbewerb mit Deutschland, Italien oder Polen ins Hintertreffen bringen.

„In Österreich braucht es dringend eine Verbesserung im Lohnnebenkostenbereich, um die Wettbewerbsfähigkeit der Obst- und Gemüseproduktion im Vergleich zum Ausland wieder zu steigern. Nur so kann unsere nachhaltige Produktion und Eigenversorgung unter besten Bedingungen gesichert werden – bei gleichzeitig fairer Behandlung der Arbeitskräfte“, betont Manfred Kohlfürst, Obmann des Österreichischen Branchenverbands für Obst und Gemüse (ÖBOG), in einer aktuellen Presseaussendung.

Hohe Kosten, wenig Spielraum

Der Obst- und Gemüsebau ist arbeitsintensiv – Handarbeit bleibt trotz moderner Technik unverzichtbar. Damit steigt der Bedarf an Saisonarbeitskräften, was wiederum enorme Kosten für die Betriebe verursacht. Während in Österreich Arbeitgeber bei einem Nettolohn von 12,3 Euro rund 18,9 Euro pro Stunde zahlen müssen, sind es in Deutschland nur 18,2 Euro. Noch gravierender ist jedoch das deutsche Sondermodell für kurzfristig Beschäftigte: Hier sinken die Arbeitgeberkosten auf 14,8 Euro – fast 28 Prozent weniger als in Österreich.

Deutschland baut Vorsprung aus

Besonders brisant: Deutschland hat dieses Sondermodell nun von 70 auf 90 Tage ausgeweitet, um den Selbstversorgungsgrad mit heimischen Lebensmitteln zu sichern. Ähnliche Unterstützungsmaßnahmen gibt es auch in Ländern wie Italien, Polen oder Frankreich. „In manchen Staaten werden die Lohnnebenkosten für Saisonarbeitskräfte nicht nur reduziert, sondern sogar vom Staat übernommen – ein Modell, das auch in Österreich dringend nötig wäre“, fordert Kohlfürst.

Flächenverlust im Apfelanbau alarmiert

Ein Blick auf die Statistik verdeutlicht, wie ernst die Lage ist: Zwischen 2017 und 2023 ist die Apfelanbaufläche um rund 1.160 Hektar geschrumpft – ein Rückgang von 15 Prozent. „Betriebe geben auf, Produktionsflächen verschwinden und in vielen Bereichen ist heimisches Obst und Gemüse schon jetzt Geschichte“, warnt der ÖBOG-Obmann.

Konsequenzen für Konsumenten

Der Rückgang der heimischen Produktion bedeutet nicht nur weniger regionale Lebensmittel im Supermarkt, sondern auch eine stärkere Abhängigkeit von Importen. Damit wächst das Risiko längerer Transportwege, höherer Preise und geringerer Nachhaltigkeit. Für Konsumenten könnte das bedeuten: weniger Auswahl, höhere Kosten und weniger Transparenz bei der Herkunft.

Handeln, bevor es zu spät ist

Damit Österreichs Eigenversorgung mit frischem Obst und Gemüse nicht weiter ins Wanken gerät, braucht es laut Branchenvertretern rasche politische Maßnahmen – von faireren Lohnnebenkosten bis hin zu gezielten Förderungen. Kohlfürst bringt es auf den Punkt: „So darf es nicht weitergehen. Wir brauchen dringend neue Impulse und Verbesserungen.“

Teilen:
Picture of Caroline Lechner
Caroline Lechner
Journalist, Redakteur und Herausgeber. E-Mail: [email protected]