Teurere Kleidung droht: Kritik an EU-Abfallrichtlinie für Textilien

Händler schlagen Alarm: Neues EU-EPR-System bedroht Mode- und Schuhhandel.

Das neue EU-System zur erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien soll mehr Nachhaltigkeit bringen – doch Händler warnen vor Insolvenzen, höheren Preisen und Wettbewerbsnachteilen.

Nachhaltigkeit ja – aber nicht um jeden Preis. Mit der Zustimmung des EU-Parlaments zur Abfall-Rahmenrichtlinie rückt ein neues System der Erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) für Textilien, Schuhe und Bekleidung näher. Händler und Hersteller sollen künftig die Kosten für Sammlung, Sortierung und Recycling ihrer Produkte übernehmen. Klingt sinnvoll, doch der österreichische Handelsverband schlägt Alarm: Für kleine und mittlere Unternehmen könnte das Modell zu teuer und zu bürokratisch werden – mit dramatischen Folgen für Arbeitsplätze und Konsumentenpreise.

Handelsverband warnt vor Insolvenzen

„Das System der Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) könnte die Zahl der Insolvenzen im Bekleidungs-, Schuh- und Sporthandel weiter beschleunigen und damit den Wirtschaftsstandort Österreich massiv schwächen. Aktuell verzeichnet der heimische Handel rund 4 Insolvenzen pro Werktag, die auch mit Arbeitsplatzverlusten einhergehen“, erklärt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. Schon in den letzten fünf Jahren hat der Mode- und Schuhhandel rund zehn Prozent seiner Jobs verloren.

Teurere Kleidung für Konsumenten?

Für Verbraucher könnte das EPR-System ebenfalls spürbare Konsequenzen haben. „Dieses System droht, die Preise auch für die Konsumenten spürbar zu erhöhen und viele Händler in den Ruin zu treiben“, warnt Norbert Scheele, Vizepräsident des Handelsverbands. Meldepflichten, Produktdatenerfassung und Recyclinggebühren würden zwangsläufig zu höheren Verkaufspreisen führen – in einem Markt, der schon jetzt unter hoher Inflation und sinkender Kaufkraft leidet.

Wettbewerbsnachteile für heimische Händler

Ein weiteres Problem sieht der Handelsverband in der ungleichen Wettbewerbslandschaft. Während heimische Händler streng kontrolliert würden, könnten internationale Plattformanbieter aus Drittstaaten die Vorgaben umgehen. „Die Zollbehörden sind jetzt schon mit der Flut von 100 Millionen Paketen aus Asien jährlich überfordert. Ohne verpflichtende Registrierung, nationale Bevollmächtigte und wirksame Sanktionen droht ein weiterer massiver Wettbewerbsnachteil für den heimischen Handel“, so Scheele.

Forderungen an die Politik

Der Handelsverband appelliert daher an die Bundesregierung, den Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der EU-Vorgaben zu nutzen:

  • Umsetzung ohne zusätzliche nationale Auflagen („Gold-Plating“)

  • Realistische Übergangsfristen

  • Bürokratieabbau bei Meldepflichten und Nachweisen

  • Verpflichtende Einbindung von Drittstaatenanbietern

  • Plattformhaftung für Marktplätze aus Drittstaaten

Balance zwischen Ökologie und Ökonomie

Die Ziele des EPR-Systems – weniger Abfall und mehr Recycling – sind unbestritten wichtig. Doch ohne praxistaugliche Anpassungen droht die Richtlinie, heimische Händler zu überfordern und Konsumenten zusätzlich zu belasten. „Wir wollen die Umweltziele erreichen – aber mit Regeln, die für alle gleichermaßen gelten, leistbar sind und die wirtschaftliche Basis des Handels nicht zerstören“, so Scheele.

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Caroline Lechner
Journalist, Redakteur und Herausgeber. E-Mail: [email protected]