Verfolgungsjagd über Dächer: Finanzpolizei im Kampf gegen Sozialdumping

Bei einer landesweiten Razzia entlarvte die Finanzpolizei Schwarzarbeit, Betrug und illegale Beschäftigung auf Baustellen – oft mit dramatischen Szenen.

In ganz Österreich führte die Finanzpolizei im Juni eine groß angelegte Razzia auf Baustellen durch – mit einem brisanten Ergebnis: 128 Fälle von Abgaben- und Sozialbetrug wurden aufgedeckt. Über 390 Unternehmen gerieten ins Visier der Beamten. Was die Finanzpolizei dabei erlebte, gleicht teilweise Szenen aus einem Actionfilm – inklusive Verfolgungsjagden, Sprüngen über Dächer und Fälschungen von Ausweisen.

235 Finanzpolizisten, 1.235 kontrollierte Arbeiter – erschreckende Bilanz

Der Einsatz war Teil einer nationalen Schwerpunktaktion des Amts für Betrugsbekämpfung (ABB). Insgesamt wurden 139 Baustellen kontrolliert, über 1.200 Arbeitskräfte überprüft. Die Bilanz ist ernüchternd:

  • 44 Anzeigen wegen Schwarzarbeit

  • 15 Personen ohne gültige Arbeitsbewilligung

  • 4 arbeitslos gemeldete Personen, die illegal beschäftigt wurden

  • 8 Fälle von Unterentlohnung

  • 36 Meldeverstöße bei Lohn- und Sozialdumping

  • 7 Anzeigen wegen Verstößen gegen die Gewerbeordnung

Insgesamt konnten knapp 170.000 Euro an Abgabenrückständen sichergestellt werden – teilweise durch Sofortüberweisungen direkt vor Ort.

Finanzminister: Es geht um Steuergerechtigkeit und Arbeitnehmerschutz

Finanzminister Markus Marterbauer betonte die Bedeutung solcher Kontrollen:

„Gerade auf Baustellen geht es nicht nur um Steuergerechtigkeit, sondern auch um den Schutz von Arbeitnehmerrechten und die Sicherheit am Arbeitsplatz.“

Auch Arbeitsministerin Korinna Schumann zeigt sich entschlossen:

„Diese Ergebnisse zeigen: Der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping ist noch lange nicht vorbei.“

Skurrile Flucht-Szenen und illegale Tricks

Bei den Kontrollen kam es zu teils absurden Szenen: In Niederösterreich flüchteten zwei Verdächtige über mehrere Grundstücke und versteckten sich in einer Werkstatt-Toilette – wo sie schließlich entdeckt wurden. In einem anderen Fall sprang ein Mann von einem Dach und verschwand über angrenzende Gebäude.

Besonders brisant: Auf mehreren Baustellen waren Arbeiter ohne Anmeldung oder mit gefälschten Ausweisen tätig. In einem Unternehmen wurden Zahlungen und Umsätze vollständig verschwiegen – das Unternehmen hatte dem Finanzamt keinerlei Einnahmen gemeldet.

Kontroll-Erfolg, aber Handlungsbedarf bleibt

Wilfried Lehner, Leiter der Finanzpolizei, zeigt sich zufrieden, aber auch alarmiert:

„Mit diesem Schwerpunkteinsatz, der im internationalen Kontext mit der europäischen Arbeitsbehörde erfolgte, konnten wir zwar unsere Effektivität als Kontrollbehörde beweisen, die Summe der Aufgriffe ist aber besorgniserregend. Wir werden daher unsere Kontrollmaßnahmen gezielt fortsetzen.“

In allen Fällen von Schwarzarbeit und Verdachtsfällen der Verwendung von Scheinrechnungen folgen nun finanzstrafrechtliche Ermittlungen gegen die Verantwortlichen, heißt es in einer aktuellen Aussendung des Bundesministerium für Finanzen. Die Strafdrohung reicht vom Doppelten des Hinterziehungsbetrages bis zu 10 Jahren Haft bei Abgabenbetrug.

Fazit: Kontrollen notwendig – Vertrauen in den Arbeitsmarkt stärken

Der groß angelegte Einsatz zeigt: Sozialbetrug ist kein Einzelfall, sondern oft systematisch organisiert. Das schadet nicht nur dem Staat und dem Sozialsystem, sondern auch ehrlichen Betrieben, die unter dem unfairen Wettbewerb leiden. Gleichzeitig sind es oft die Arbeitnehmer selbst, die ausgebeutet werden – ohne Versicherungsschutz, faire Entlohnung oder Sicherheit am Arbeitsplatz.

Regelmäßige Baustellenkontrollen und harte Sanktionen sind notwendig, um diesen Praktiken einen Riegel vorzuschieben. Die Finanzpolizei hat mit dieser Aktion ein starkes Zeichen gesetzt – doch der Kampf gegen illegale Beschäftigung ist noch lange nicht vorbei.

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Caroline Lechner
Journalist, Redakteur und Herausgeber. E-Mail: [email protected]