Der Trend zur Teilzeitarbeit sorgt für Diskussionen. Trotz steigender Beschäftigung suchen immer mehr Menschen gezielt nach Teilzeitstellen. Für die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ist klar: Wenn Österreich seine Sozialsysteme langfristig sichern will, braucht es deutlich mehr Menschen in Vollzeitjobs. Doch wie lässt sich das in Zeiten flexibler Lebensmodelle umsetzen?
Positive Signale vom Arbeitsmarkt – aber nicht ohne Schatten
Die Arbeitsmarktdaten für Juli 2025 geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Laut WKÖ-Generalsekretär Jochen Danninger ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit geringer als im Vormonat, gleichzeitig ist die Beschäftigung leicht gestiegen. „Damit zeigt sich der Arbeitsmarkt in Summe robust, da die Unternehmen wissen, dass sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dringend brauchen werden“, erklärt Danninger in einer Presseaussendung der Wirtschaftskammer Österreich.
Doch die gute Nachricht wird durch eine ernste Zukunftsprognose getrübt: Laut dem aktuellen OECD-Beschäftigungsausblick wird die österreichische Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis 2060 um 23,7 % zurückgehen – und das ist international einer der höchsten Werte. Der drohende Rückgang der Arbeitskräfte ist eine tickende Zeitbombe für den Standort Österreich.
Teilzeit beliebt – mit unerwünschten Folgen für den Arbeitsmarkt
Zusätzlich zum demografischen Wandel verschärft sich der Trend zur Teilzeitarbeit. Immer mehr Arbeitssuchende entscheiden sich freiwillig gegen Vollzeit. Konkret kommen zuletzt auf eine Teilzeitstelle 5,7 Arbeitslose, die Teilzeit arbeiten wollen, auf eine Vollzeitstelle hingegen nur 2,4 Arbeitslose, die Vollzeit anstreben.
Laut Eurostat ist Teilzeit in Österreich nur zu 6,7% unfreiwillig, der große Rest arbeitet freiwillig Teilzeit – und nicht primär wegen Kinderbetreuung oder Pflegeaufgaben. Für Danninger ist das ein gefährlicher Trend: „Wenn auch künftig ausreichend Arbeitsvolumen geleistet werden und vor allem die Finanzierung des Sozialsystems auf sicheren Beinen stehen soll, dann muss bei Arbeitssuchenden wieder ein Vollzeitjob ganz oben auf der Wunschliste stehen.“
WKÖ fordert neue Anreize für Vollzeitbeschäftigung
Die WKÖ sieht akuten Handlungsbedarf. „Es ist höchst an der Zeit, dass wir Maßnahmen setzen, die Vollzeitarbeit attraktiver machen“, betont Danninger. Als positiv bewertet er die Vorschläge des Wirtschaftsministers, etwa:
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Die Geringfügigkeitsgrenze langfristig einzufrieren
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Sozialhilfesysteme flexibler zu gestalten
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Leistungshemmnisse abzubauen
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Mehrarbeit gezielt zu fördern
Es gehe nicht darum, Teilzeit zu verbieten, sondern die Wertigkeit von Vollzeitarbeit wieder zu stärken – auch im Interesse einer langfristig stabilen Finanzierung des Sozialstaats.