Österreichs größte Sozialversicherung steckt in der Krise – warum jetzt echte Reformen nötig sind, um Versorgung und Fairness für Versicherte sicherzustellen.
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) steht vor einer entscheidenden Phase: Überlastete Strukturen, wachsende Defizite und eine zunehmende Unzufriedenheit bei Ärzten und Versicherten bringen das System ins Wanken. Längst ist klar – mit kleinen Nachbesserungen wird sich das Ruder nicht mehr herumreißen lassen. Die Forderungen nach einer umfassenden Reform werden lauter. Doch wie kam es überhaupt so weit? Und welche Schritte sind jetzt notwendig?
Wie es zur Schieflage der ÖGK kam
Mit der Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur bundesweiten ÖGK im Jahr 2020 sollte alles besser werden: schlankere Strukturen, weniger Verwaltungskosten, bessere Versorgung für alle. Die damalige Bundesregierung versprach sogar eine „Patientenmilliarde“, die durch Einsparungen bei der Verwaltung freiwerden sollte. Doch aktuelle Zahlen zeigen ein anderes Bild: Laut dem Jahresbericht der ÖGK ist von diesen Einsparungen wenig zu spüren – stattdessen klafft ein Defizit von rund 550 Millionen Euro im Jahr 2024.
Experten, darunter auch IV-Generalsekretär Christoph Neumayer, warnen vor einer Rückkehr zu kleinteiligen Kassenstrukturen. Stattdessen fordern sie eine konsequente Fortführung der Reformen und Fairness gegenüber Beitragszahlern und Versicherten.
Versorgungsengpässe spürbar wie nie zuvor
Gerade in Ballungsräumen wie Wien zeigen sich die Schwächen der aktuellen Struktur deutlich: Kassenstellen bleiben unbesetzt, Spitäler arbeiten am Limit, und Patienten warten immer länger auf wichtige Untersuchungen wie MRT oder CT. Die Ärztekammer spricht von einem dramatischen Versorgungsengpass und warnt davor, diesen mit weiteren Sparmaßnahmen noch zu verschärfen.
Was wir brauchen, ist ein starkes Netz im niedergelassenen Bereich – und zwar jetzt. Das bedeutet: faire Honorare, moderne Arbeitsbedingungen und echte Perspektiven für junge Ärztinnen und Ärzte. Wer den Kassenbereich attraktiv macht, entlastet das gesamte System – und sichert die Versorgung langfristig ab,“ sagt Kamaleyan-Schmied.
Was sich bei der ÖGK für Versicherte dringend ändern sollte
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Kürzere Wartezeiten auf Facharzttermine und wichtige Untersuchungen wie MRT und CT
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Mehr besetzte Kassenstellen, besonders in ländlichen Regionen
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Faire und attraktive Honorare für Kassenärzte, um mehr Mediziner für den Kassenbereich zu gewinnen
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Transparente Informationen zu Leistungen und Ansprüchen für alle Versicherten
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Ausbau digitaler Services: E-Card, Online-Termine, E-Rezepte, digitale Kommunikation
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Stärkung der wohnortnahen medizinischen Versorgung – weniger Druck auf Spitäler
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Weniger Bürokratie, effizientere Patientensteuerung
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Solide, nachhaltige Finanzierung der ÖGK ohne Milliarden-Defizite
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Schluss mit politischen Schnellschüssen – langfristige, durchdachte Strukturreformen
Zwischen Föderalismus und zentraler Steuerung: Was jetzt passieren muss
Die aktuellen Diskussionen drehen sich um zwei zentrale Fragen: Soll die Kassenfusion rückgängig gemacht werden oder soll man endlich durchgreifen und die Reformen entschlossen zu Ende führen?
Die Industriellenvereinigung und große Teile der Wirtschaft sprechen sich klar für den Reformweg aus. Ziel müsse sein, mit Hilfe von Digitalisierung, klarer Patientensteuerung und weniger Bürokratie das System effizient und zukunftsfähig zu gestalten. Auf der anderen Seite fordern Teile der Ärzteschaft mehr Autonomie und eine Rückkehr zu stärker föderal organisierten Strukturen, um regionale Versorgungsprobleme besser lösen zu können.
Eines steht fest: Einzelmaßnahmen werden nicht ausreichen. Die Herausforderungen sind gewaltig – und es braucht politischen Mut, langfristig tragfähige Lösungen zu schaffen.
Zeit für klare Entscheidungen im Sinne der Versicherten
Die ÖGK steht am Scheideweg. Die Zeit für Ankündigungen ist vorbei. Was jetzt zählt, sind echte Reformschritte, die sowohl eine hochwertige medizinische Versorgung sichern als auch die finanzielle Nachhaltigkeit der Gesundheitskasse garantieren.
Für die Versicherten in Österreich bedeutet das vor allem eines: ein faires, transparentes und funktionierendes Gesundheitssystem, auf das man sich verlassen kann. Egal ob in der Stadt oder auf dem Land, ob jung oder alt – jeder verdient die bestmögliche Versorgung ohne monatelange Wartezeiten und ohne bürokratischen Hürdenlauf.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein: Bleibt es bei Flickschusterei oder kommt endlich der große Wurf?