Trotz Vollzeitjob reicht bei rund 120.000 Menschen in Österreich das Einkommen nicht zum Leben – ein alarmierendes Signal für Arbeitsmarkt und Gesellschaft.
Arbeiten und trotzdem arm sein? Was wie ein Widerspruch klingt, ist für viele Menschen in Österreich bittere Realität. Laut dem aktuellen Arbeitsklima Index zählen rund 120.000 Beschäftigte zu den sogenannten Working Poor – sie arbeiten Vollzeit, können aber ihre laufenden Kosten nicht decken.
Wenn das Einkommen nicht reicht
Während 61 Prozent der Beschäftigten mit ihrem Einkommen zufrieden sind, geben sechs Prozent an, dass es zum Leben nicht reicht. Besonders hart trifft es Menschen mit Pflichtschulabschluss, Beschäftigte im Tourismus, Frauen sowie Personen mit Migrationshintergrund. Für sie wird der monatliche Lohn oft zum Drahtseilakt zwischen Miete, Energie und Lebensmitteln.
AK-Präsident Andreas Stangl bringt es auf den Punkt: „Wenn die Erwerbsarbeit keinen sicheren Lebensunterhalt bietet, wird das tägliche Leben zur Herausforderung.“
Ungleichheit bei Einkommen und Chancen
Die Zahlen verdeutlichen, wie stark Faktoren wie Bildung, Branche und Geschlecht das Einkommen beeinflussen.
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Beschäftigte mit höherer Ausbildung sind deutlich zufriedener als jene mit maximal Pflichtschulabschluss.
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In der öffentlichen Verwaltung liegt die Zufriedenheit bei 69 Prozent, in der Industrie bei 63 Prozent – im Tourismus dagegen nur bei 45 Prozent.
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Männer zeigen sich zu 63 Prozent zufrieden, Frauen nur zu 57 Prozent. Besonders deutlich ist der Unterschied bei Beschäftigten mit Migrationshintergrund: Während 56 Prozent der Männer ihr Einkommen als ausreichend bewerten, sind es bei den Frauen nur 47 Prozent.
Folgen für Gesundheit und Zukunft
Finanzielle Unsicherheit bleibt nicht ohne Folgen: Wer mit dem Einkommen kaum auskommt, leidet häufiger unter Stress, bewertet die eigene Gesundheit schlechter und blickt pessimistischer in die Zukunft. Nur ein Drittel der Befragten glaubt, in der Pension über die Runden zu kommen. Damit droht vielen auch im Alter Armut.
Forderungen nach mehr Fairness
Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert daher:
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eine wirksame Inflationsbekämpfung bei Energie, Mieten und Lebensmitteln,
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einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung sowie ein umfassendes Qualifizierungsgeld,
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das kostenfreie Nachholen von Lehrabschlüssen,
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die bundesweite Umsetzung des Sozialpartner-Modells „Du kannst was!“ zur Anerkennung von im Beruf erworbenen Kompetenzen.
Arbeiten darf nicht arm machen
Die Zahlen zeigen klar: Vollzeitarbeit muss ein Leben in Würde ermöglichen. Wenn Menschen trotz Arbeit nicht über die Runden kommen, braucht es politische Antworten – von fairen Löhnen bis zu mehr Chancen auf Weiterbildung. Denn nur so lässt sich verhindern, dass „arm trotz Arbeit“ zur Dauerrealität für zehntausende Beschäftigte wird.