Österreichs Gewerkschaft ÖGB kritisiert Pläne zu Teilzeit-Strafen scharf und fordert dringend bessere Bedingungen für Frauen statt ungerechter Abgaben.
Die politische Diskussion um Teilzeitarbeit spitzt sich zu. Während von manchen Seiten Teilzeit als bequeme Wahl abgetan wird, liefert der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) ernüchternde Fakten: Die überwiegende Mehrheit der Frauen arbeitet nicht freiwillig Teilzeit, sondern aus purer Notwendigkeit.
Teilzeit ist meist Zwang, kein Luxus
Laut aktuellen ÖGB-Daten geben drei von vier Frauen in Teilzeit an, dass sie gar keine Vollzeitstelle ausüben können. Die Gründe liegen auf der Hand: fehlende Kinderbetreuung, Pflegeverpflichtungen, mangelnde Vollzeitangebote oder gesundheitliche Einschränkungen machen einen regulären 40-Stunden-Job unmöglich. (Quelle: ÖGB, Teilzeitarbeit – das musst du wissen)
„Teilzeit ist kein Wunschkonzert, sondern oft eine Notwendigkeit – gerade für Frauen. Wer das ignoriert, betreibt billige Stimmungsmache auf dem Rücken jener, die unser Land am Laufen halten“, macht ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth in einer Presseaussendung deutlich.
Realität in Handel, Pflege und Gesundheitswesen
Besonders gravierend zeigt sich das Problem in Branchen wie Handel, Pflege oder Gesundheitswesen. Dort gibt es vielfach schlicht keine Vollzeitjobs – selbst wenn Beschäftigte gerne mehr Stunden arbeiten würden. Schuberth bringt es auf den Punkt: „Wer Teilzeit kritisiert, sollte sich zuerst fragen, warum so viele Arbeitgeber keine Vollzeitjobs ermöglichen. Die Rechnung für fehlende Betreuungsplätze, zu starre Arbeitszeiten und überlastete Systeme wird den Beschäftigten präsentiert – und vor allem den Frauen.“
Das Ergebnis ist fatal: geringeres Einkommen, massive Pensionslücken, Kaufkraftverlust und eine spürbare Verschlechterung der sozialen Absicherung.
Politik soll Lösungen schaffen – keine Strafen verhängen
Der ÖGB warnt davor, mit höheren Abgaben oder Strafsteuern auf Teilzeitbeschäftigte Druck auszuüben. „Nicht die Beschäftigten brauchen Druck, sondern die Politik und die Unternehmen müssen endlich die Voraussetzungen schaffen, damit mehr Stunden auch möglich sind“, so Schuberth weiter.
Laut ÖGB würde ein Großteil der Teilzeitbeschäftigten gerne mehr arbeiten – wenn es bessere Rahmenbedingungen gäbe: flächendeckende Kinderbetreuung, ausreichend Pflegeeinrichtungen, flexible Arbeitszeitmodelle und faire Jobs mit planbaren Dienstzeiten.
Mehr Respekt statt Schuldzuweisungen
Für die Gewerkschaft steht fest: Die Lösung liegt nicht in neuen Belastungen für Arbeitnehmer, sondern in der Schaffung fairer Arbeitsbedingungen. „Wir brauchen keine Schuldzuweisungen, sondern Lösungen: Mehr Betreuungseinrichtungen, mehr gute Jobs mit fairer Arbeitszeit und mehr Respekt für jene, die Tag für Tag doppelt und dreifach leisten – bezahlt und unbezahlt“, unterstreicht Schuberth.
Solange die Politik die strukturellen Probleme nicht anpackt, bleibt die Debatte um angeblich bequeme Teilzeit schlicht realitätsfern – und trifft genau jene, die am wenigsten dafür können.