Sozialbetrug bei Essenszustellern: Finanzpolizei deckt Missstände auf

Mit einem großangelegten Einsatz nimmt die Finanzpolizei Sozialbetrug in der Lieferdienstbranche ins Visier – mit brisanten Ergebnissen.

Wie das Bundesministerium für Finanzen in einer offiziellen Presseaussendung bekannt gab, führte das Amt für Betrugsbekämpfung (ABB) gemeinsam mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) am 10. Juli 2025 eine groß angelegte Schwerpunktkontrolle zur Bekämpfung von Sozialbetrug durch. Der Fokus lag dabei auf Zustelldiensten, insbesondere auf Essenslieferplattformen.

An 69 Standorten in ganz Österreich wurden 67 Betriebe und 75 Zusteller überprüft – mit teils alarmierenden Ergebnissen. Die Aktion zeigt deutlich: Der boomende Lieferdienstmarkt darf nicht zum rechtsfreien Raum werden.

Falsche Verträge, Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung

Die Erkenntnisse der Kontrolle sprechen eine deutliche Sprache:
In 50 Fällen besteht der Verdacht, dass Beschäftigte als freie Dienstnehmer gemeldet wurden, obwohl ein echtes Arbeitsverhältnis vorliegt. Das bedeutet: weniger Schutz, weniger Sozialversicherung, weniger Rechte.

Drei Zusteller waren gar nicht bei der Sozialversicherung gemeldet, bezogen aber gleichzeitig Arbeitslosengeld – ein klarer Fall von Sozialleistungsmissbrauch. Noch brisanter: Sieben Zusteller waren nicht nur unangemeldet, sondern verfügten über keine arbeitsrechtliche Bewilligung. Ein weiterer wurde wegen fehlendem Aufenthaltsstatus der Fremdenpolizei übergeben.

Finanzminister und Sozialministerin zeigen klare Haltung

Finanzminister Markus Marterbauer erklärte:

„Die Bekämpfung von Sozialbetrug ist eine Frage der Gerechtigkeit. Man versucht sich auf dem Rücken anderer Marktteilnehmer und vor allem auch der Beschäftigten Vorteile zu verschaffen. Hier darf es keine Toleranz geben. Auch, wenn Dienstleistungsunternehmen unter einem harten Konkurrenzdruck stehen, muss der faire Wettbewerb sichergestellt sein.“

Auch Arbeits- und Sozialministerin Korinna Schumann betonte:

„Die systematische Umgehung von arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften schadet nicht nur dem Ansehen einer ganzen Branche. Sie schadet vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die damit wesentliche Teile ihrer kranken- pensions- und arbeitslosenrechtlichen Ansprüche und damit in letzter Konsequenz ihre essentielle soziale Absicherung verlieren.“

Die klare Botschaft: Wer sich auf Kosten des Sozialstaats bereichert, muss mit Konsequenzen rechnen.

ÖGK fordert schärfere Kontrollen und Strafen

Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse, sieht die Verantwortung nicht nur bei den Behörden, sondern auch in der Branche selbst:

„Unsere sozialen Sicherungssysteme funktionieren wenn alle Unternehmen und Arbeitnehmer:innen solidarisch und fair mitfinanzieren. Unternehmen und Branchen, die meinen sie könnten sich von der gemeinsamen Finanzierung ausnehmen und wettbewerbsgefährdend und somit sozialstaatsgefährdend agieren, müssen identifiziert und bestraft werden. Denn Sozialbetrug ist kein Kavaliersdelikt.“

Die ÖGK fordert daher: mehr Kontrollen, besser ausgestattete Prüfteams und abschreckende Sanktionen.

Was bedeutet das für Kunden und Unternehmen?

Lieferdienste sind aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Doch hinter der schnellen Lieferung steckt oft ein System, das auf prekäre Arbeitsverhältnisse baut. Für Konsumenten wird es immer wichtiger, genauer hinzuschauen, welchen Dienst sie unterstützen – und zu welchen Bedingungen dort gearbeitet wird.

Für die betroffenen Unternehmen bedeutet der Einsatz eines: Wer sich nicht an die Spielregeln hält, riskiert nicht nur Strafen, sondern auch das Vertrauen der Öffentlichkeit.

Fairness darf kein Nebengericht sein

Der Einsatz zeigt eindrucksvoll: Die Behörden nehmen Sozialbetrug ernst – und schreiten ein, wenn aus Lieferzeit Flexibilität, aber aus Arbeitsrecht ein Flickenteppich wird. Für langfristig faire Arbeitsbedingungen braucht es nicht nur Gesetze, sondern auch die konsequente Kontrolle ihrer Einhaltung.

Teilen:
Picture of Caroline Lechner
Caroline Lechner
Journalist, Redakteur und Herausgeber. E-Mail: [email protected]