Trinkgeld-Chaos: Wer profitiert – und wer draufzahlt

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Trinkgeld in Österreich: Während in der Gastronomie jeder kassiert, zahlen manche Branchen drauf – jetzt wird laut der ÖHV eine faire Regelung gefordert. Alle Fakten zur Debatte und was sich ändern muss.

Ein Lächeln, ein freundliches “Danke” – und ein paar Münzen oder ein Schein als Trinkgeld. In Österreich ist das Gang und Gäbe, vor allem in der Gastronomie, bei Friseuren oder im Hotel. Doch hinter der netten Geste verbirgt sich ein steuerliches und sozialversicherungsrechtliches Wirrwarr, das für viele zum Nachteil wird.

Laut einer aktuellen Umfrage von Reppublika im Auftrag der Österreichischen Hotelvereinigung (ÖHV) fordern 82 Prozent der Österreicher ein Ende der Abgaben auf Trinkgeld. Der Grund: Während manche Arbeitnehmer davon steuerfrei profitieren, zahlen andere durch pauschale Regelungen oder Nachzahlungen sogar drauf. Die Forderung nach Fairness beim Trinkgeld wird lauter.

Trinkgeld in Zahlen: Wer gibt, wer bekommt?

Trinkgeld ist in Österreich tief verankert. Die Umfrage zeigt, 87 % der Menschen geben Trinkgeld in der Gastronomie, 63 % beim Friseur oder im Kosmetiksalon, 48 % in Hotels, 47 % bei Lieferdiensten und 38 % im Handwerk –die sogenannten “Big Five” der Trinkgeldbranchen.

Auf der anderen Seite stehen jene, die regelmäßig Trinkgeld erhalten: 39 % der Arbeitnehmer bekommen laut eigener Angabe laufend Trinkgeld im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit. 
Besonders spannend: 72 % der Österreicher geben oft Trinkgeld, 26 % gelegentlich, und nur 2 % geben gar keines. Die Beträge variieren:

  • 25 % geben etwa 10 % der Rechnungssumme

  • 23 % geben rund 5 % Trinkgeld

  • 15 % geben immer den gleichen Betrag an Trinkgeld

  • An Garderoben oder Toiletten fließen Münzen – im Handwerk hingegen oft “mittelgroße Scheine”

Zwei Welten beim Trinkgeld: Hotel vs. Handwerk

Während Trinkgeld in der Gastronomie und Hotellerie fast schon Teil des Gehalts ist, wird es im Handwerk oft als Zusatzleistung stillschweigend akzeptiert – und kaum reguliert. Ein Friseur zahlt auf sein Trinkgeld oft Sozialversicherungsabgaben, ein Handwerker nicht.

Die ÖHV kritisiert diese Ungleichbehandlung scharf. In einigen Fällen fordert etwa die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sogar sechsstellige Summen nach, weil Trinkgelder als Teil des Entgelts eingestuft wurden. Folge: Das Nettoeinkommen der Beschäftigten schrumpft, obwohl das Trinkgeld eigentlich eine freiwillige Anerkennung der Kundschaft ist.

Handwerker: Gut bedacht – aber steuerlich unsichtbar?

Im Handwerk ist es üblich, bei guter Arbeit ein Trinkgeld zu geben – oft sogar deutlich höher als im Restaurant. Dennoch gibt es keine Pauschalen, keine verbindliche Regelung, keine Sozialversicherungspflicht. Warum also diese Unterschiede?

Genau das will die Österreichische Hotelvereinigung ändern. Präsident Walter Veit fordert eine einheitliche gesetzliche Lösung, wonach Trinkgelder nicht als Entgelt im Sinne des ASVG gewertet werden – für alle Branchen.

Die rechtliche Lage: § 49 ASVG im Fokus

Derzeit regelt § 49 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), was als Entgelt gilt. Trinkgelder sind darin nicht explizit ausgenommen – es sei denn, sie stammen eindeutig von Dritten und sind nicht regelmäßig.

Die ÖHV fordert nun eine klare gesetzliche Ausnahme für Trinkgeldzahlungen in allen Branchen. Denn was als Dankeschön gedacht ist, soll nicht zum bürokratischen Minenfeld oder gar zur finanziellen Belastung werden.

Zeit für Fairness beim Trinkgeld

Trinkgeld ist kein Lohn, sondern Wertschätzung. Doch derzeit profitieren manche Branchen, während andere Arbeitnehmer durch unklare Regelungen sogar draufzahlen. Die Umfrage zeigt deutlich: Die Bevölkerung will eine einheitliche, faire Regelung ohne Abgaben – und zwar branchenübergreifend.

Die Forderung nach einer Reform des § 49 ASVG ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Denn ein ehrliches „Danke“ sollte weder besteuert noch bestraft werden.

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Caroline Lechner
Journalist, Redakteur und Herausgeber. E-Mail: [email protected]